Die besten Interim-Manager sind nicht Fach-, sondern Führungsexperten

Interim-Management auf Führungsebene ist eine besondere Art von Management. Die zeitliche Begrenzung ist sicherlich ein wichtiges Merkmal. Es ist allerdings eher das Symptom als die Ursache. Der Bedarf nach einer Führungskraft auf Zeit begründet sich in den meisten Fällen darin, dass die Führung einer organisationalen Veränderung über ihren Verlauf hinweg überbrückt und begleitet werden muss. Für den Zeitraum zwischen Ist- und Sollzustand (der oft noch nicht einmal als solcher feststeht) übernimmt der Interim-Manager das Staffelholz und übergibt es wieder, nachdem er oder sie die Organisation in stabile Fahrwasser geführt hat.

Aus dieser Besonderheit ergeben sich auch ganz spezielle Anforderungen an den Interim-Manager, die sich stark von denen des normalen Managers unterscheiden. Der Führungsfokus des Tagesgeschäfts liegt insbesondere auf der Stabilisierung und Optimierung der Produktion und Lieferfähigkeit. Das Leben einer Interimsführungskraft ist vor allem durch Unsicherheiten und Unvorhergesehenes geprägt.

Meine Erfahrung in den letzten 20 Jahren Interimmanagement in der ersten Führungsebene ist, dass am Beginn eines Mandates eine Aufgabenstellung steht, die sich im Laufe des Projektes sehr stark wandelt. Und damit natürlich auch das Anforderungsprofil an den Interimmanager.

Das vorgeblich gesunde Unternehmen, das etwas frischen Wind braucht, ist bei Lichte besehen ein Sanierungsfall. Der Mittelständler, der sein Unternehmen schon wegen der Mitarbeiter nie verkaufen will, findet plötzlich Gefallen daran, sein Unternehmen meistbietend zu veräußern. Schlechte Aufträge oder schwere Unfälle erfordern von einer auf die andere Minute einen Krisenmanager mit juristisch technischem Sachverstand. All dies war dem Auftraggeber bei der Suche nicht bewusst.

Insofern stehen bei der Suche nach einem geeigneten Interim-Manager nicht die Fach- und Führungskompetenzen des Linienbetriebs oder das detaillierte Branchenwissen im Vordergrund, sondern die persönlichen und methodischen Fähigkeiten, die Führungskompetenz und die Erfahrung einer Führungskraft im Umgang mit Krisen, Veränderungen und Unsicherheiten. Fach- und Branchenwissen mag helfen, versperrt aber allzu oft die Sicht. Fachwissen gibt es im Unternehmen. Es gilt das Team anzuleiten und mit neuen Ideen von außen zu verbinden. Das erfordert vor allem einen guten „General Manger“ und weniger die Fachkraft mit 20 Jahren nachgewiesener Erfahrung aus der Branche. Denn die Fachkraft greift gerne auf Altbewährtes zurück, sonst wäre sie eben nicht immer in genau dieser Branche, wohlmöglich in derselben Position, verblieben.

Und noch ein Gedanke sollte den Auftraggeber umtreiben. Eine zentrale Aufgabe des Interimmanager ist es, sich selbst überflüssig zu machen, indem er Strukturen schafft, die seine Arbeit ohne ihn fortführen können. Ein Antrieb, den langjährige Linienmanager eher selten verspüren.

Christian Lotze

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